Eine Krippe zu Ostern? Gibt es sowas? - Nun, diese Frage habe ich mir seit vielen Jahren gestellt. Die Advents- und Weihnachtszeit ist ja immer besonders schön mit den tollen Dekorationen, Lichtern und natürlich Krippen. Ostern hingegen kam was das angeht nie an Weihnachten ran, obwohl es ja als das höchste Fest der Kirche gilt.
Aber was die Dekoration angeht - was sollte man da aufstellen? Abgesehen von diversen Osterhasen und Hühnern, künstlichen Eier an Sträuchern usw. gab es nicht wirklich etwas, was ein Krippenbauherz höher schlagen lies und vor allem auch die eigentliche Bedeutung des Osterfestes darstellt wie es eben die Krippe zu Weihnachten tut.
Dass man da eine Osterkrippe bauen und die Auferstehung Jesu darstellen müsste - diesen Gedanken hatte ich schon lange. Aber wie soll man das darstellen? Und vor allem mit welchen Figuren?
Bei meinen Fahrten zu diversen Krippenausstellungen wurde ich dann doch fündig: Es gibt tatsächlich Oster- bzw. Passionskrippen. Und das ist noch nicht mal ein neuer Trend: Auch die Passionskrippen haben eigentlich eine lange Tradition.
Kurzer Exkurs:
Die Tradition der Osterkrippe reicht weit zurück. Im 18. und 19. Jahrhundert war die Passionskrippe weit verbreitet, bevor sie in Mittel- und Westeuropa fast völlig in Vergessenheit geriet. Erst allmählich widmen sich Holzbildhauer wieder diesem schwierigen Thema und erschaffen Passionskrippen, die vorwiegend in Kirchen das Leiden Jesu dem interessierten Betrachter näherbringen. Die Darstellung der verschiedenen Stationen der Passionsgeschichte erfordert neben künstlerischem Geschick die Bereitschaft, sich intensiv mit den traurigen und grausamen Szenen auseinanderzusetzen. In einigen Gemeinden entstehen selbstgemachte Osterkrippen unter Mitwirkung zahlreicher Gemeindemitglieder in langfristig angelegten Projekten. In Südeuropa ist die Fastenkrippe weit verbreitet.
Da ich in den Krippenausstellungen gesehen habe, dass man auch für die Passionskrippen wunderschöne Landschaften gestalten kann, war klar: So was muss doch auch mal versucht werden.
Das größte Problem waren immer noch die Figuren: Im Gegensatz zu Figuren für die Weihnachtskrippen war es bislang nicht einfach, Figuren für eine Passionskrippe zu finden, die auch bezahlbar sind. Erst im Jahr 2016 wurde ich im Internet fündig: Es gab Krippenshops die eine spezielle Linie an Passionsfiguren anbot. Es gab eine Kollektion aus Holz und eine aus Polystone. Die Holzfiguren waren recht wenig in der Auswahl und auch teuer. Für ein derart neues Projekt mit ungewissem Ausgang wäre das zu viel Geld gewesen. Die Polystonefiguren waren mit 9 cm zwar etwas kleiner als die Figuren der Weihnachtskrippe, aber dafür günstiger und es gab eine beachtliche Anzahl- meist in Sets zusammengefasst. Also entschied ich mich für diese Figurenart, die auch überraschend gut ausschaut.
Die nächste Schwierigkeit war: Was soll die Passionskrippe darstellen? Im Gegensatz zur Weihnachtskrippe die ja ausschließlich die Geburt Jesu darstellt (durchaus auch in verschiedenen Landschaften) kann eine Passionskrippe mehrere Szenen darstellen, da die Passionszeit die Woche vom Palmsonntag bis zum Ostersonntag erfasst (dafür stets in orientalischer Landschaft). Also- wofür soll man sich entscheiden? In den Passionskrippen, die wir in den Krippenausstellungen gesehen haben wurden meist alle Szenen gleichzeitig dargestellt. Das wiederum würde nicht so ganz in mein Krippenkonzept passen, das ja eine ganze Landschaft zeigen soll mit einer einzigen Szene- wie eben die Weihnachtskrippe auch.
So wurde folgender Plan entwickelt:
Es wird eine Krippenlandschaft gebaut die möglichst alle wichtigen Orte der Passionsgeschichte beinhalten soll - also eine Stadt mit Mauern und Tempel für den Einzug Jesu an Palmsonntag, eine "Räumlichkeit" für das letzte Abendmahl, Golgotha für die Kreuzigung, ein Höhlengrab für die Grabesruhe Jesu und einen Berg auf dem dann der auferstandene Jesus steht. Die Materialien und Teile für die Stadt sind ja durch die Weihnachtskrippe vorhanden.
Mit den entsprechenden Figuren werden dann die einzelnen Szenen in der Landschaft wechselseitig dargestellt - beginnend am Palmsonntag, dann jeweils teilweise Figurenwechsel zum Gründonnerstag, Karfreitag, Karsamstag und schließlich um Mitternacht zum Ostersonntag.
Eine weitere Besonderheit dieser Krippe sollte dann noch die wechselnde Beleuchtung der Landschaft - angepasst an die jeweils dargestellte Szene - sein. Hierfür ist ja ebenfalls die Technik von der Weihnachtskrippe sowie die Lichter bereits vorhanden.
Und- was auch noch ein Kriterium war: Die Passionskrippe soll so weit wie möglich nicht das Erscheinungsbild der Weihnachtskrippe und schon gar nicht deren Ausmaße haben. So wurden viele bekannte Elemente der Weihnachtskrippe wie die Kirche, das Schnäppermännchen, Lagerfeuer nicht eingebaut und auch nur ein ganz kleiner Teil der Stadtmauer eingebaut. Auch wurde auf Wasser komplett verzichtet.
Nun- nachdem die Pläne fertig waren ging’s an das übliche Prozedere: Etwas Moos im Wald holen, ein paar Tage später dann die nötigen Utensilien für Unter- und Aufbau holen und das Ganze zur oben erwähnten Landschaft zusammenbauen. Danach kam die szenenangepasste Beleuchtung an die Reihe. Nachdem alle Scheinwerfer gesetzt waren erhielt die Landschaft mit Moos und Sand ihr endgültiges Aussehen. Hinter die Krippe wurden natürlich keine Tannenbäume gestellt, sondern Buchszweige. Kurz vor dem Palmsonntag war dann alles fertig und die Figuren konnten zur ersten Darstellung in die Landschaft gestellt werden:
1. Darstellung: Palmsonntag 09.04.2017:
Jesus zieht auf einem Esel sitzend durch das Stadttor in Jerusalem ein. Das Volk jubelt ihm zu und winkt ihm mit Palmenzweigen. Beleuchtung: Grundblau, die Stadt und die Wüste werden hell beleuchtet.
2. Darstellung: Gründonnerstag 13.04.2017:
Jesus und seine Jünger halten das letzte Abendmahl in einem "Raum" hinter einem der Mauerelemente. Beleuchtung: Stadt und Wüste nur in Blau, lediglich der Abendmahlsaal wird hell erleuchtet.
3. Darstellung: Karfreitag 14.04.2017:
Jesu wird mit zwei Räubern auf Golgotha gekreuzigt, der Vorhang im Tempel riss von oben nach unten entzwei. Beleuchtung: Stadt und Wüste nur in Blau, Kreuze auf Golgotha und der Tempel in Rot.
4. Darstellung: Karsamstag 15.04.2017:
Jesus wird in ein Grab gelegt, welches von einem Stein verschlossen wird. Beleuchtung: Stadt und Wüste nur in Blau, lediglich die Grabeshöhle wird mit einem grünen Licht erhellt.
5. Darstellung: Ostersonntag 16.04.2017:
Das Grab ist leer- der Stein wurde zur Seite geschoben. Lediglich ein Engel sitzt noch in der Grabeshöhle. Jesus ist auferstanden und steht als glorreicher Sieger über den Tod hoch oben auf einer Bergspitze über Stadt, Golgotha und Grab. Dies ist nun auch die finale Darstellung und bleibt bis zum Abbau der Krippe so bestehen. Beleuchtung: Vollbeleuchtung. Alle Lichter leuchten.
Seit Ostersonntag ist dann auch die von der Weihnachtskrippe bekannte Schaltung der Krippe in Betrieb - diesmal gehen auf Knopfdruck die Lichter an und leise Musik ist zu hören.
Fazit: Entgegen anfänglicher Zweifel und Bedenken ist die erste Passionskrippe doch sehr gelungen. Sie wirkt nicht wie ein billiger Abklatsch der Weihnachtskrippe sondern hat ihren ganz eigenen Charakter. Die Szenen wirken auch nicht so schlimm und traurig wie befürchtet, sondern eher andächtig und laden zum stillen Verweilen und genauem Betrachten der jeweiligen Darstellung ein. Also alles in allem durchaus eine Sache, die man im kommenden Jahr noch mal wiederholen kann.
Die Passionskrippe wird voraussichtlich bis Pfingsten stehen bleiben.
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